Alfred Roos

Der Junggeselle mit seiner fast hundertjährigen Mutter:

Alfred Roos; Klosterstraße 1

Name und Beruf: Alfred Roos (1871 bis 1943) wohnte in einem eigenen Haus und arbeitete als Viehhändler. Mit ihm lebte seine über 90 jährige Mutter.

Weitere Familienmitglieder: Zu dem Haushalt gehörte Babette Roos (*1842) geb. Neugaß.

Besondere Erinnerungen: Alfred Roos gehörte zu den ersten Opfern der ,,Reichskristallnacht“. Es existiert noch ein Foto, wie seine alte Mutter und er fassungslos auf das Treiben der Nationalsozialisten schauen.

Weiteres Schicksal: Alfred Roos wurde nach der Reichskristallnacht in ,,Schutzhaft“ genommen.

Er zog um nach Frankfurt am Main in die Ostendstraße 1. Von dort wurde er in das Ghetto Theresienstadt gebracht, in dem er am 15.03.1943 im Alter von 71 Jahren Opfer des Holocausts wurde.

Über das Schicksal seiner Mutter ist nichts bekannt.

Hier wohnte Alfred Roos mit seiner Mutter.

Gerhard Voß schreibt über den kleinen Händler Roos:

Die Familie Roos wohnte in der Klosterstraße 1. Haus und Grundstück waren Eigentum von Alfred Roos, der am 27. September 1871 geboren wurde. Er betätigte sich als Viehhändler. Das war bis 1933 ein durchaus wichtiger und nützlicher Beruf in dem Bereich zwischen Erzeuger und Verbraucher. Zum Haushalt gehörte noch Babette Roos, geboren am 18. Oktober 1842. Sie war eine geborene Neugaß.

Alfred Roos und seine 1938 wohl um die 96 Jahre alte Mutter wurden die ersten Opfer der sogenannten Reichskristallnacht in Offenbach am Glan. Darüber berichtet Edgar Mais u. a.:

Der NSKK-Oberführer H. wurde von dem Zeugen S. aus Offenbach beschuldigt, daß er in Offenbach mit einer Rotte fremder Männer in das Haus des Juden Alfred Roos eingedrungen sei. S. habe gesehen, wie ein Ofen aus dem Fenster des 1. Stockwerkes geworfen wurde.“

Andere Zeitzeugen berichten, daß sogar Möbel und andere Gebrauchsgegenstände auf die Straße geworfen wurden, was die alte und geistig ein wenig verwirrte Frau Roos überhaupt nicht begreifen konnte. Sie glaubte, ihr Sohn wolle die Wohnung renovieren lassen. In solchen Fällen habe sie früher die Möbel einzeln hinuntergetragen, versuchte sie in dem Durcheinander klarzustellen . „Und du läßt sie einfach aus dem Fenster werfen“, soll sie böse ihrem Sohn vorgeworfen haben. Vielleicht war es gut so, daß die alte Frau den furchtbaren Ernst des 9. November 1938 nicht mehr erkannte. Ihr Sohn wurde im Anschluß an das von der NSKK-Rotte verursachte Chaos von der Polizei in „Schutzhaft“ genommen und in das Grumbacher Gefängnis gebracht.

Jener oben mit „S“ (= Rudolf Seifert) bezeichnete Mann muß übrigens sehr mutig und couragiert gewesen sein, denn ungeachtet aller Gefahren für sich und seine Familie griff er am 9. November 1938 tatkräftig in das Drama, das sich da vor seinen und anderer Augen abspielte, zugunsten der Juden ein. Zwar stockte allen der Atem, aber der Mut von „S“ stoppte die NSKK-Leute. Sie ließen ab von ihrem schändlichen Tun und zogen weiter (NSKK = National-Sozialistisches Kraftfahrer-Korps).

Am 21. April 1939 verzogen Mutter und Sohn Roos nach Frankfurt/M., Ostendstraße 1,1. …