Der Textilhändler: Hugo Heymann, Hauptstraße 84

Familienvater: Hugo Heymann (geb.1878) betrieb in seinem Haus einTextilgeschäft. Es liegt in der Hauptstraße.

Das ehemalige Textilgeschäft Heimann – später als Filiale der Sparkasse genutzt in der Hauptstraße von Offenbach am Glan

Das Geschäft befand sich 1938 auf dem „absteigenden Ast“. Er diente im 1. Weltkrieg als Hauptmann und war Träger des Eisernen Kreuzes 1. Klasse.

Weitere Familienmitglieder: Seine Frau Hermine Heymann, geb. Roos (geb.1871) unterstützte ihn im Geschäft. Mit ihnen lebte ihre Tochter Eva (später verheiratete Simon). Im Haushalt lebte noch Marta Simon (siehe Kennkarte). Sie zog nach der Auswanderung der Familie Herz kurzfristig in deren Haus in der Hauptstraße 28 ein.

 

 

 

 

Besondere Erinnerungen: Die Tochter Eva schreibt 1988 in einem Brief: „Das Schlimmste kam ja im Herbst 1938: Mein Bruder und ich waren schon hier (in Brooklyn). Meine Eltern erzählten mir, als sie 1941 nach Amerika kamen, dass 20 Mann in unser Haus kamen. Sie schlugen meinen Vater selig mit einem Hammer auf den Kopf. Es waren keine Männer aus Offenbach. Sie schlugen die Möbel in Stücke…

Weiteres Schicksal: Hugo Heymann kam in „Schutzhaft“ und von dort in das KZ Dachau. Er durfte nach einigen Monaten nach Hause. Daheim angekommen erhielt er vom Ortsgruppenleiter den Befehl, in 10 Minuten Offenbach zu verlassen. Über Fürth, Bayern, kam die Familie 1941 nach Brooklyn/NewYork, wo Hugo Heymann im Februar 1948 an den Folgen seiner Kopfverletzung verstarb. Die Akten berichten, wie seine Kinder versuchten, eine Entschädigung zu erhalten. Hierzu fragte die zuständige Behörde bei der lokalen Polizeidienststelle an: Die Entschädigung wurde auch deshalb nicht gewährt, weil sich der zuständige Polizist nach eigener Aussage an nichts erinnern konnte…

 

Gerhard Voss schreibt über die Familie Heymann:

Die Familie Heymann bewohnte das Haus Hauptstraße 84, das ihr Eigentum war. Später wurde dort vorübergehend die Kreissparkasse Offenbach untergebracht.

Hugo Heymann, geboren am 6. November 1878, betrieb in Offenbach ein Textilgeschäft. Er wurde dabei fachkundig unterstützt von seiner Ehefrau Hermine, geborene Simon, geboren am 9. Juni 1871. Wie alle jüdischen Geschäfte war auch das Heymannsche Geschäft im Jahre 1938 längst auf dem absteigenden Ast. Dafür hatte die NS-Propaganda gründlich gesorgt.

Im Ersten Weltkrieg hatte Heymann es bis zum Hauptmann gebracht. Er war sogar Träger des Eisernen Kreuzes 1. Klasse, ein Held also, der einst sein Leben für sein deutsches Vaterland eingesetzt hatte. Das schützte ihn freilich nicht vor Erniedrigungen und Demütigungen. Die zynisch-verbitterte Redensart der Enttäuschten: „Der Dank des Vaterlandes ist dir gewiß“ hatte sich mit der Reichskristallnacht nun auch im Falle Hugo Heymann „bewahrheitet“. Er fand sich nämlich, am 9. November 1938 in Schutzhaft genommen, im Grumbacher Gefängnis wieder, gepeinigt von stechenden Kopfschmerzen. Einer der Schergen aus der NSKK-Rotte, die seine Wohnung in einen Trümmerhaufen verwandelte, hatte ihm einen Hammer auf den Kopf geschlagen. Der Gefängnisarzt soll nach Angaben der Angehörigen einen Bluterguß im Kopf diagnostiziert haben.

Eva Simon, die Tochter von Hugo und Hermine Heymann, schrieb am 28. Februar 1988 u. a.:

Als Hitler kam, konnten die Juden keine Geschäfte mehr machen. Keiner durfte mit den Juden sprechen. Ich erinnere mich, wie sie durch Offenbach zogen mit Fahnen und sangen Hitlerlieder. Das Schlimmste kam ja im Herbst 1938. Mein Bruder und ich waren schon hier (in Brooklyn). Meine Eltern erzählten mir, als sie 1941 nach Amerika kamen, daß 20 Mann kamen in unser Haus. Sie schlugen meinem Vater selig mit einem Hammer auf den Kopf. Es waren keine Männer von Offenbach. Sie schlugen die Möbel in Stücke, schlitzten die Federbetten auf und warfen die Wäsche in den Hof . . . Dann nahmen sie meinen Vater mit ins Gefängnis nach Grumbach, von da in das Konzentrations­Camp Dachau. Er hatte Glück, daß sie ihn nach einigen Monaten nach Hause gehen ließen . . . Als mein Vater wieder zu Hause war, bekamen sie den Befehl vom Ortsgruppenleiter, in 10 Minuten Offenbach zu verlassen. Sie machten sich auf die Wanderschaft und landeten in Fürth/Bayern, wo sie in einem Zimmer bei Juden wohnen konnten.

Bei der Familie Heymann lebte und wohnte noch Frau Martha Simon, geboren am 9. Mai 1874. Wahrscheinlich handelte es sich um die jüngere Schwester von Frau Heymann. Sie soll nach einer Mitteilung der Amtsverwaltung Grumbach vom 2. März 1948 an das Landratsamt des Kreises