Schlussgedanken

Drei Jahre sind seit unserer Arbeit an der ersten Auflage dieser Denkschrift vergangen. In dieser Zeit erfuhr diese eine große Anerkennung. Bestellungen selbst aus München sind eingetroffen und die erste Auflage ist nun fast vollständig vergriffen. In diesen drei Jahren hat sich auch in unseren Dörfern etwas verändert. Menschen sind gekommen; viele von weit her. Obwohl, so groß sind die Entfernungen nicht, wenn man bedenkt, dass Syrien bloß drei Flugstunden entfernt liegt oder etwa acht Nigeria. Sie mussten fliehen vor Krieg, Gewalt, Armut, Hunger und anderen humanitären Katastrophen. Die Meisten sind über lange Strecken zu Fuß gekommen, oder auch mit Booten über ein Meer zwischen zwei Kontinenten.

Was mir die Denkschrift gezeigt hat, ist, wie damals normale Bürger einer Gemeinschaft zu Verbrechern oder Verfolgten werden konnten. Aufgrund einer Ideologie, die sich nicht am Wert des Einzelnen misst, sondern ihn nur einer bestimmten Gruppe zugesteht. Viele mussten sterben, da einige Verbrechen begingen, während die Meisten zuschauten. Es wären noch mehr gestorben, wenn es nicht Beherzte gegeben hätte, die ihren jüdischen Mitbürgern geholfen haben zu fliehen.

Diese wenigen Helfer gelten heute als ethische Vorbilder. Doch was bedeutet es also, Fluchthelfer zu sein? Auf der einen Seite steht die Flucht vor der konkreten Gefahr; auf der anderen Seite die Hilfe, zum einen während der Flucht, aber vor allem am Ziel. Die Hilfe am Ziel wird bereits von vielen großartig geleistet, vor allem hier vor Ort. Ob durch Spenden, Besuche, Deutschkurse oder freiwilliges Engagement.

Die Flucht wird jedoch größtenteils Kriminellen überlassen, die sich am Leid anderer bereichern. Aber wie könnten wir darüber urteilen, wenn wir den Frauen, Männern und Kindern keine Alternative bieten unter menschlichen Bedingungen einen friedlichen Ort zu erreichen. Ich selbst habe erfahren wie es ist, in einem Land fremd zu sein, und wie leicht es ist, sich voneinander abzugrenzen. Jedoch sind es nur die äußeren Umstände, die uns unterscheiden. Im Kern sind wir Menschen alle vollkommen gleich.

Dabei sind es vor allem die persönlichen Beziehungen, die das deutlich machen. Die ausgewanderte jüdische Familie Herz hatte lange nach 1945 noch engen Kontakt zu einer Hausangestellten. Wenn damals überhaupt Verfolgten geholfen wurde, dann aus menschlichem Mitgefühl. Für diese Mitmenschlichkeit möchte ich mich wie der gesamte Arbeitskreis einsetzen.

Lars Hülser