Andacht zu den Niederälber Kirchenfenstern

„Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Johannes 4,16)

Diese Worte stehen unter dem Kirchenfenster im Chorraum der Kirche von Niederalben. Sie sind so plaziert, dass sie im Blickfeld jedes Gottesdienstbesuchers sind. Was hat die Niederälber Kirche schon erlebt? – Bei einer grausamen Schlacht im Nachbardorf Ulmet während des Dreißigjährigen Krieges wurde sie zu einer Ruine. Als das neue, moderne evangelische Gemeindehaus 1967 gebaut wurde, da sollte die sanierungsbedürftige Kirche schon wenig später ebenfalls saniert werden. Aber es kam anders und dreißig Jahre lang herrschte in den alten Mauern dieses Gotteshauses Stille; selbst die wertvolle Orgel, um 1800 erbaut von der berühmten Orgelbauerfamilie Stumm, wurde ausgebaut. Sie stand viele Jahre auf der Bühne des neuen Gemeindehauses, die eigentlich für Theaterstücke gedacht war. Nur die beiden Glocken im Turm durften wie ehemals weiter läuten.

Um Orte der Anbetung geht es auch in dem Gespräch, das Jesus mit einer Frau führt. Schon allein, dass er diese Frau anspricht, bedeutet eine Grenzüberschreitung. Die Frau sagt es ihm direkt: „Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern.“. Und der Brunnen liegt an einem geschichtsträchtigen Ort: Schon der berühmte Erzvater Jakob soll ihn besessen und Wasser aus ihm getrunken haben.

Aber alle, die bisher aus ihm tranken, sind dennoch wieder durstig geworden. Christus verspricht der Frau „lebendiges Wasser!“. Sie versteht nicht. Das hat der Maler des Bildes verständlich und ganz deutlich ausgedrückt. Das Haupt der Frau ist auf derselben Höhe wie die Häuser, in denen sie und die Ihren ihr Leben fristen. Ihre Hände liegen fest auf dem Krug, mit dem sie Wasser schöpfen will. Sie lebte und dachte ganz im diesseits. Dann aber kam Jesus in ihr Leben. Nun sind ihre Augen auf ihn gerichtet; genauer gesagt auf seine Hand. Mit dieser verdeutlicht er sein Wort. „Gott ist Geist“. Beim Beten kommt es nicht hautsächlich auf den Ort an, an dem wir beten. Es kommt auf die Quelle an, aus der wir beten. Nur dann erhalten wir „lebendiges Wasser“, das nicht mehr durstig macht und unseren Durst nach Leben und mehr in alle Ewigkeiten stillt. Gott ist diese Quelle. Und solange wir mit seinem Sohn Jesus verbunden sind, fließt diese Quelle „lebendigen Wassers“ auch in uns. Der Glasmaler drückt es einfach aus: Jesu Haupt ist genau in der Mitte der Grotte, aus der das Brunnenwasser fließt. Er selbst ist dieses „lebendige Wasser“.

Wir alle, die wir in die Niederälber Kirche gehen, dürfen uns von dieser Be-Geisterung beschenken lassen. Das Fenster ist bewusst in der Mitte des historischen Chorraums angebracht. Grausame Kriege, wirtschaftliche Not, bürokratische Hürden, lange Apathie verhindern nicht, dass wir einen Platz finden, unseren „himmlischen Vater“ anzubeten. Nach über zwanzig Jahren Grabesruhe fanden Bürger aus Niederalben die Kraft um mit Pfarrer Renk und Pfarrer Fett „ihr“ Gotteshaus zu renovieren. Eine Trockenlegung der Grundmauern gehörte dazu.

Diese Heilige Be-geisterung möge uns in unserer allzu eiligen Zeit tragen. Mögen wir die Zeit finden, die Wahrheit zu suchen und den Geist geschenkt bekommen, allen geistlosen An-Werbe-versuchen zu trotzen. So wie es die Worte Jesu seit so vielen Jahren sagen: „Gott ist Geist und wir in anbetet, muss ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten!“.

Es grüßt sie, Ihr

Johannes Hülser, Pfarrer