Priester Ägidius Ditscheid

Verachtet – verfolgt – vernichtet: Zu den „vergessenen“ Opfern des NS-Regimes

 

Der Offenbacher Priester Ditscheidt wird mit seiner Gemeinde im „3. Reich“ verfolgt. Dennoch hilft er nach Kriegsende seinen ehemaligen Gegnern mit Zeugnissen (Entnazifizierungsbescheinigungen).

„Katholischer Geistlicher und seine Magd – Neinwähler“, so schreibt es ein Spitzel an den PG Kriminalassistent H.: „Stimmst du für die Liste unseres Führers Adolf Hitler?“ stand auf den Wahlzetteln am 10.04.1938. Darunter ein großer Kreis mit „JA“, was 99,1% der Wählerauch ankreuzten.

Ägidius Ditscheid hatte den Mut, den kleinen Kreis, unter dem „nein“ stand, anzukreuzen. Seine kleine Kirchengemeinde wurde observiert. Man schickte ihm bald einen neuen Gottesdienstbesucher: den Ortspolizisten, der seine Predigten für die Parteileitung mitschreiben musste. Die Namen der übrigen Gottesdienstbesucher wurden selbstredend notiert. Er stand zu seinem Glauben, während führende Offenbacher Nationalsozialisten (z.B.Lehrer…) eine „völkische Wandlung“  wollten.

1937 konnte man im Nationalblatt über „eine deutsche Taufe im Haus der Volksgemeinschaft“ (d.h. die ehemalige Synagoge) lesen. Auch bei der Dekoration wurde jedes Detail beachtet: „Das Bild unseres Führers war von den Fahnen der Ortsgruppe und der SA umgeben“ und die kleine E. lag auf einer „altdeutschen Kinderwiege“.

Nachdem der letzte jüdische Schüler die Volksschule verlassen musste, erscheint eine neue Konfession in der Schulchronik: 1942 sind von insgesamt 89 Schülern schon sieben „gottgläubig“. Ägidius Ditscheid stand zu seinem Glauben- auch gegen Widerstände. Noch Jahrzehnte später konnten sich Christen an ganz andere Sätze von Geistlichen aus dieser Zeit erinnern, etwa diesen:„Ein guter Christ ist immer auch Nationalsozialist!“

Nach dem Kriegsende kamen seine ehemaligen Verfolger und baten um Bescheinigungen, um Strafmilderung für ihre Tätigkeit vor 1945 zu erhalten. „Ich kann nicht verstehen, wie er solchen Dre… einen Persilschein ausstellen konnte“, sagt noch heute eines seiner damaligen Gemeindeglieder. Aber als Christ war er überzeugt, dass Menschen immer zu ihrem Schöpfer zurückfinden können, egal wie weit sie sich durch Rassenhass oder Propaganda von ihm entfernten.

Nach 40 Jahren Dienst in seiner Pfarrgemeinde St. Peter und Paul verstarb er 1954 und wurde an der Mauer „seiner“ Kirche beigesetzt.